Marc ist 1991 in Bad Soden bei Frankfurt am Main geboren und aufgewachsen. Schon seit 2015 spielt er für uns den Meister Ton. Mehr als 350 Aufführungen hat er bereits gegeben und führt damit mit großem Abstand die Statistiken an. Kindertheater ist sein Ding, aber er gruselt auch gerne die Touristen im Berliner Dungeon.
Hey Marc, du kommst nicht ursprünglich aus Berlin, was hat dich hierher verschlagen?
Ich komme ursprünglich aus Frankfurt am Main und bin für die Schauspielausbildung an der Schauspielschule Charlottenburg nach Berlin gekommen. Die gibt es leider gar nicht mehr. Ich habe im Februar 2012 begonnen und war im Januar 2015 fertig. Ich wollte sowieso immer schon nach Berlin, weil ich die Stadt spannend fand. Wenn ich heute nach Engagements suche, dann auch wirklich bevorzugt in Berlin, weil ich einfach gerne hier wohnen bleiben möchte.
Was hast du für Projekte neben dem Theater aus dem Koffer?
Ich habe gerade über den Sommer den Tommy von Pippi Langstrumpf beim Berliner Kindertheater gespielt. Als starken Kontrast sozusagen spiele ich dann auch noch im Berliner Dungeon. Das macht mir wirklich Spaß, und ich empfinde das eben wirklich als Gegensatz zum Theater aus dem Koffer. Es ist ähnlich interaktiv – nur eben für Große. Bis zu Corona habe ich auch noch beim „Theater auf Tour“ gespielt. Ein Theater für Kinder und Jugendliche aus Darmstadt, also nah an meiner Heimat. Über die Jahre habe ich da „Fünf Freunde“, „Das magische Baumhaus“, „Das Sams“ und viele weitere Produktionen gespielt.
Legst du, abgesehen vom Dungeon, bewusst einen Fokus aufs Kindertheater?
Na ja, in der Schauspielausbildung wurde mir nach einer Prüfung von den Dozenten mal gesagt, dass ich wohl für Kindertheater gut geeignet wäre. Da war ich damals gar nicht so überzeugt von der Idee. Und dann hat sich das aber doch irgendwie so ergeben. Ich bin einfach recht klein, also als Mann. Zudem bin ich relativ schlank oder zierlich und sehe noch jung aus, wenn ich mich frisch rasiert habe. Viele Figuren wie der Tommy bei Pippi Langstrumpf oder Michel aus Löneberger werden sogar oft von Frauen gespielt, eben wegen der Zierlichkeit, und solange ich diese Nische auch noch bedienen kann, nutze ich das noch. Es macht mir auch viel Spaß, diese Rollen zu verkörpern. Einen Ausgleich, den mir zum Beispiel der Dungeon bietet, brauche ich dann aber auch.
Kannst du vom Schauspiel leben oder hast du einen oder mehrere Nebenjobs?
Während der Schauspielausbildung habe ich angefangen, als Servicekraft im Friedrichstadt Palast zu arbeiten, und auch nach der Ausbildung bin ich nebenbei dabei geblieben. Irgendwann hatte ich aber so viele Engagements, dass ich aufhören musste, weil ich es zeitlich nicht mehr geschafft habe. Das fand ich damals schon schade, weil der Friedrichstadt Palast für mich so eine ganz eigene Magie hat, und ich da immer sehr gerne war. Jetzt nach Corona habe ich auch wieder angefangen, obwohl ich finanziell nicht unbedingt müsste. Einfach, weil ich gerne möchte.
Wie lief es für dich während Corona?
Ich habe mich mit den staatlichen Hilfen, die ich Dank meines Vaters - der ist Steuerberater - recht zielgenau beantragen konnte, über Wasser gehalten. Beim Dungeon hatte ich zwar das Vorstellungsgespräch und auch die Zusage schon in der Woche vor den ganzen Schließungen, aber der Vertrag war noch nicht unterzeichnet. So konnte ich, anders als die Kollegen, noch nicht vom Kurzarbeitergeld profitieren. Das war echt Pech.
Seit wann bist du beim Theater aus dem Koffer?
Ewig. Ich habe zum Weihnachtsgeschäft 2015 mit dem Stück „Meister Ton und der Lieder-Zauber-Koffer“ angefangen. Ich war zwar zwischendrin immer mal mit dem Tourneetheater unterwegs und vorübergehend nicht verfügbar, aber sonst schon durchgängig.
Wie viele von unseren Stücken spielst du?
Ich spiele vier von den fünf großen Stücken. Mir fehlt nur noch „Das Liedwettsingen“. Und „Die Liedfee und der Drehschwungtanz“ wird ja auch so gut wie gar nicht mehr gebucht. Das habe ich mit Nici zuletzt vor zwei Jahren gespielt. Da bräuchten wir vermutlich glatt nochmal eine Probe. Dabei mag ich das Stück eigentlich. Gerade weil da auch das Verhältnis zwischen Liedfee und Meister Ton so angelegt ist, dass sich die beiden viel necken.
Wie würdest du das Miteinander von Liedfee und Meister Ton generell beschreiben?
Für mich ist der Meister Ton auf einer Seite ein sehr gelassener Typ, weil er seinen Job schon seit so vielen Jahren macht. Aber dann gibt es auch doch immer wieder Punkte, an denen ihn die Liedfee immer noch zur Weißglut treibt. Er fühlt sich manchmal auch ein bisschen überlegen, weil er super viel Lebenserfahrung hat und meint, keine Hilfe zu brauchen. Na, und dann braucht er die aber doch und kann sich das dann nur ganz schwer eingestehen. An der Stelle kommt die Liedfee ins Spiel. Die schafft es immer ihn herauszufordern, sodass er sich hinterfragt und beweglich bleibt. Die Liedfee ist der aktive Impuls in Meister Tons Leben.
Wie erleben die Kinder das Theater aus dem Koffer, was nehmen sie vielleicht mit?
Ich denke, dass wichtigste ist der interaktive Aspekt. Das ist ja im klassischen Theater ganz anders angelegt. Da sollen die Kinder vor allem zuschauen, rufen vielleicht mal was rein, aber sind jetzt nicht so in die Handlung einbezogen. Beim Theater aus dem Koffer werden die Kinder aber aktiv aufgefordert mitzumachen, aufzustehen, zu klatschen und Ideen einzubringen. Sie sind viel näher dran. Auch wichtig finde ich, dass das Konzept nicht so überladen ist. Das fängt schon damit an, dass wir zu den Kindern in deren gewohnte Umgebung gehen. Kein unbekannter Weg zum Theater, kein ungewohnter Raum, nur zwei Schauspieler und nicht ein ganzes Ensemble. Als erster Theater-Kontakt für Kinder, die vorher noch nie im Theater waren, ein guter Einstieg ohne Überforderung.
Wie viel Improvisation ist bei eurem Spiel dabei?
Das Stück ist ja schon fest geschrieben. Aber gerade beim „Lieder-Zauber-Koffer“ gibt es viel Spielraum für die Kinder, einen ganz neuen Text für das neue Lied zu erfinden. Vor allem Doppelvorstellungen sind dann eine Herausforderung. Es gibt den Originaltext und du bist froh, wenn du dir die erste abweichende Version gemerkt hast. Und dann denken sich die Kinder in der zweiten Vorstellung wieder was ganz anderes aus. Zum Glück kommt auf den Reim mit der „Mütze“ sehr zuverlässig die „Pfütze“ und dann nehmen wir das dann auch. Klar könnten wir auch mal „[…] mit dir ess‘ ich rote Grütze“ reimen, aber mit dem Pfützenspringen können sich doch immer alle Kinder gut identifizieren. Auch wenn mich die Liedfee bei „Meister Ton und die Melodiemaschine“ verwandeln soll, kommt zu über 95% als Vorschlag der Frosch.
Was ist eine besondere Herausforderung beim Theater aus dem Koffer?
Schwierig ist häufig, wenn wir draußen spielen, vielleicht auch noch zu einem Fest oder ähnlichem, „am besten“ nachmittags. Die Kinder hatten dann schon den ganzen Vormittag Kita oder Schule, die Eltern sind oft dabei, nebenan ist noch die Hüpfburg, hier kommt gleich die Feuerwehr. Das ist dann einfach zu viel Ablenkung. Es ist dann schwer, die Kinder in der Konzentration zu halten, die unsere Stücke erfordern, weil wir ja durchaus auch Wissen vermitteln wollen. Was ist Rhythmus, was der Unterschied zwischen Text und Melodie? Was braucht ein Lied.
Interview am 01.09.2022: Sandra Völker