Janneke wurde 1987 in Venlo in Holland geboren. Schon mit sechs Jahren hat sie angefangen, Theater zu spielen. Vor acht Jahren kam sie nach Deutschland und hat seither als Musicaldarstellerin in vielen Produktionen mitgewirkt, darunter "Der Glöckner von Notre Dame", "Die Schöne und das Biest" und "My Fair Lady". Ihrem Engagement als Liedfee beim Theater aus dem Koffer ist sie seit vier Jahren treu, auch wenn es sie zwischendrin immer mal wieder in die Ferne zieht.
Wie bist du auf die Liedfee aufmerksam geworden, seit wann spielst du die Liedfee?
Ich bin im Mai 2018 Liedfee geworden. Ich kam gerade zurück von einer Tour mit einem Musical und wollte gerne mehr in Berlin spielen. Das ist nur so semi gelungen, denn im Dezember 2018 war ich dann doch nochmal ein Jahr in Oberhausen. Eigentlich war ich immer mal wieder weg und kam dann wieder zurück. Nadja und Andreas sind da sehr verständnisvoll. Nadja sagt immer: „Du weißt ja, ich wünsche dir für deine Auditions das Beste, aber heimlich hoffe ich, dass du die Rollen nicht bekommst“. *lacht* Sie weiß aber mittlerweile auch, dass ich immer wieder zu ihr zurückkomme.
Hattest du dich auf eine Ausschreibung von Nadja beworben?
Ja, ich weiß noch genau, dass ich diese Ausschreibung gelesen habe und dachte, das ist wirklich was für mich. Ich habe mich beworben und wurde eingeladen. Lustigerweise bin ich unfassbar schlecht im Vorsprechen. Ich war so aufgeregt, dass Andreas mich erst gar nicht wollte. Nadja hat aber mein Potential erkannt, also hat es doch geklappt und Andreas sagt heute: „Oh mein Gott, wir hätten dich fast gar nicht genommen“.
Was hast du für eine Ausbildung?
Noch keine richtig abgeschlossene eigentlich. Ich mache schon mein ganzen Leben Theater, seit ich sechs Jahre bin. Meine Musicalausbildung habe ich aber nach einem Jahr aus verschiedenen guten Gründen abgebrochen und mich ohne fertige Ausbildung trotzdem beworben, damals beim Dungeon in Amsterdam. Inzwischen habe ich über 10 Jahre Erfahrung, und natürlich habe ich inzwischen viel gelernt. Ich habe aber auch gemerkt, dass es Sachen gibt, die ich besser in einer richtigen Schule gelernt hätte. Deshalb habe ich jetzt am Konservatorium in Tilburg doch nochmal angefangen zu studieren. Ich fahre dafür immer mal wieder in die Niederlande, wenn es die Zeit zulässt. Die waren dort so toll und haben die Kurse für mich auf Maß gemacht, so dass das wunderbar klappt.
Du kommst aus Holland. Wann und wie bist du nach Deutschland gekommen?
Ich bin in Venlo geboren, das ist nah an der deutschen Grenze. Leider sprach ich aber trotzdem gar kein Deutsch. Vor acht Jahren bin ich dann für den Job nach Berlin gegangen. In Holland bekam ich nicht so viele Chancen zu spielen, weil das ganze Theatersystem da ein anderes ist bzw. es dort kein richtiges Theatersystem gibt. In Deutschland gibt es eine viel größere Theaterkultur. Die Menschen sind viel mehr daran gewöhnt, dass ins Theater zu gehen zum Leben dazu gehört. Und es ist einfach ein viel größeres Land.
Mein erster Job war dann auch im Berlin Dungeon. Als ich ankam kannte ich nur meine Texte auswendig – also ich hatte sie phonetisch auswendig gelernt. Aber man lernt ganz schnell die Sprache, wenn man muss. Und ich bin bisher nicht wieder weggegangen. Ich bin zwar viel rumgekommen, aber immer innerhalb Deutschlands.
Was ist die Herausforderung beim Theater aus dem Koffer?
Unsere Vorstellungen funktionieren, wenn wir es schaffen auf einer Höhe mit den Kindern zu bleiben. Wenn wir einsteigen auf ihre Phantasie und darauf, wie sie die Welt sehen, haben wir die Möglichkeit, auf ganz verrückte Weise ans Ziel zu kommen. Wir Erwachsenen sind schon so konditioniert. Kinder sind das nicht, und das ist im Theater ein riesengroßer Schatz. Aber man muss auch schnell genug sein, um einem Kind das abschweift gleichzeitig Aufmerksamkeit zu geben, aber trotzdem die Linie des Stückes festzuhalten. Du musst also schon auch führen. Ich denke, wenn die Kombination stimmt, dass wir die Kinder fangen, aber trotzdem in unserer Spur halten, dann wird es eine schöne Vorstellung
Was nehmen die Kinder mit aus unseren Vorstellungen?
Hoffentlich eine gute erste Erfahrung mit Theater. Und ich denke - ohne dass sie es wissen – haben sie auch über Musik einiges gelernt. Wenn ich es anderen beschreibe, sage ich immer: Theater aus dem Koffer ist musikalische Früherziehung in Theaterform. Sie lernen etwas über Rhythmus und Dynamik und was ein Lied zu einem Lied macht.
Was magst du an der Rolle der Liedfee?
Das Bild, das die Kinder von einer Fee haben, ist oft eher so ein sanftes, liebes, weiches Wesen. Ich mag, dass die Liedfee keine so mädchenhafte Fee sein MUSS – das kann sie sein – aber sie ist auch frech, eine Frau mit einer Meinung, und sie hat wirklich etwas zu sagen. Sie steht Meister Ton in nichts nach. Und die Kinder akzeptieren sie immer als Fee. Eine Zeit lang wurde ich mal gefragte, warum sie keine Flügel hat. „Feen gibt’s in ganz unterschiedlichen Formen, und ich habe ja meine Wimpern.“, habe ich da immer gesagt. Neulich habe ich mal gesagt, ich wäre doch eine Fee und keine Elfe. Aber was immer du sagst, die Kinder akzeptieren jede Erklärung. Alles ist wahr auf der Bühne. Wenn du sagst „Ich bin ein Baum.“, bist du ab diesem Moment für das Publikum ein Baum. Und so funktioniert es auch mit der Liedfee. Und ich denke, das fügt etwas hinzu zu dem Bild, dass die Kinder von Feen haben und das gefällt mir.
Wie war die Situation während der Pandemie für dich? Hast du einen Nebenjob, dem du weiter nachgehen konntest?
Nein, ich mache Theater und Musical hauptberuflich und hatte nie einen nennenswerten Job nebenbei. Ich habe die ganze Zeit vom Theater gelebt und als Corona anfingt hatte ich das Glück, dass ich einen Vertrag hatte, der noch lief. Deshalb bekam ich Kurzarbeitergeld und konnte eine zeitlang weiter davon leben. Anfang 2021 habe ich dann ein halbes Jahr im Impfzentrum gearbeitet – so nach dem Motto „Dann helfe ich mit, uns aus diesem Elend rauszuholen.“. Und ab Sommer ging es dann ja mit dem Theater aus dem Koffer schon wieder los. Der Aspekt, dass wir zu den Kitas hingehen, in eine bestehende Gruppe hinein, war dabei hilfreich. Und wir Schauspieler waren dann eben alle geimpft und tagesaktuell getestet.
Im Zusammenhang mit Corona fand ich traurig - aber andererseits auch schön - zu merken, dass die Kinder plötzlich anders reagiert haben. Traurig, weil wir gemerkt haben, dass die Kinder uns eigentlich näher kommen und mit uns spielen wollten. Aber sie hatten so sehr verinnerlicht, Abstand zu halten. Und auch schön, weil sie uns nach den Vorstellungen teilweise gar nicht mehr gehen lassen wollten. So glücklich waren sie, dass mal etwas Besonderes passierte.
Das Abstand halten ist übrigens schon wieder raus aus den kleinen Köpfen - zum Glück. Mittlerweile kommen die Kinder wieder ganz unbeschwert und neugierig zum Koffer.
Interview am 25.06.2022: Sandra Völker